Gastbeitrag: What’s your story? Identitätsstiftung durch biografisches Storytelling

Was ist biografisches Storytelling?

Biografisches Storytelling  setzt den Menschen ins Zentrum der Geschichte(n). Es geht darum, dem Einzelnen Raum zu geben, seine Botschaft zu äußern. In unserer funktionalen und pragmatischen Gesellschaft besteht die Tendenz, die Persönlichkeiten und das, was diese ausmacht, zu verstecken: hinter Produkten, Dienstleistungen und Unternehmensphilosophien. Was aber wirklich bewegt und inspiriert, ist eine menschliche Geschichte mit ihren Höhen und Tiefen. Ist diese gefunden und erzählt, kann man ganz anders überzeugen und ein authentisches Bild von sich und seinen Werten und Ideen transportieren.




Wo wird biografisches Storytelling eingesetzt?

Die Einsatzbereiche sind vielfältig. Menschliche Geschichten wecken  Interesse, inspirieren und fördern das Verständnis für eine Person und das, was sie zu sagen hat. Biografisches Storytelling hat sehr viel mit Wertschätzung, Vertrauensbildung respektive Glaubwürdigkeit und Impulsgebung zu tun. 
Insofern ist das biografische Storytelling sowohl für Gründer interessant, die herausfinden wollen, was sie auszeichnet und damit zu ihrer sogenannten Core-Story gelangen als auch für all diejenigen, die Gehör für ihre Ideen, Werte und Visionen finden möchten. Zudem bewegen gute, authentische Geschichten immer und können daher ideal eingesetzt werden, um ein Produkt oder eine Dienstleistung aus Sicht der Nutzer zu beschreiben und lebendig werden zu lassen. So ist das biografische Storytelling beispielsweise ein ideales Mittel zum Fundraising. 



Was zeichnet eine gute Geschichte aus?

Eine Geschichte ist gut, wenn sie bewegend und sinnstiftend ist. Wenn sie eine praktische Bedeutung für unser Leben hat, inspiriert und die Fantasie beflügelt. Für mich ist eine Geschichte auch immer nur dann gut, wenn sie authentisch und“wahr” ist. Wobei der Begriff „wahr“ hier im postmodernen Sinne nicht mit „objektiv“ gleichzusetzen ist, sondern mit einer Vielfalt an Interpretationsmöglichkeiten, unter Einbeziehung auch der ungelebten Ideen und Entscheidungen einer Person. Auch das hat mich geprägt und ist Teil meiner Geschichte, was in mir war, ohne gelebt zu werden, also alle „Fast-Entscheidungen“ und nicht-realisierte Ideen.

Für wen ist biografisches Storytelling interessant?

Biografisches Storytelling ist für verschiedene Zielgruppen interessant. Vom Gründer bis zum Unternehmer. Das verbindende Element: Alle möchten auf authentische Weise ihre Geschichten erzählen und hiermit zu anderen Menschen vordringen; sie wollen bewegen und inspirieren.




Was ist der Nutzen von biografischem Storytelling?

Je nach  Zielgruppe ergeben sich unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten: Für Gründer sind Core-Stories äußerst wertvoll. Eine gute Core-Story bildet, wie der Name schon sagt, das Herzstück einer Unternehmensgründung. Auf ihr lässt sich das Eigenmarketing, von der Corporate Identity über das Alleinstellungsmerkmal und die Zielgruppendefinition, ideal aufbauen. Dies wird im englischsprachigen Raum heutzutage schon viel praktiziert.  Für Unternehmen sowie  Non-Profit-Unternehmen und Stiftungen eröffnet das biografische Storytelling die Möglichkeit, Werte und Visionen nach innen zu kommunizieren und dann auch wirksam nach außen zu tragen. Das hat etwas von einem „internal branding“. Je klarer die Werte eines Unternehmens definiert sind und gelebt werden, um so mehr können sich Menschen, Mitarbeiter wie (potentielle) Kunden, Lieferanten und Kooperationspartner mit dem Unternehmen identifizieren.
Zudem gewinnen alle Produkte und  Dienstleistungen, wenn die Geschichten der Menschen, die sie nutzen, erzählt werden und sie mit Leben füllen. Für Stifter und Social-Entrepreneurs sind Stories eine hervorragende PR-Möglichkeit. Nicht über Zahlen und theoretische Abhandlungen lassen sich andere Menschen mitreißen, eine gute Idee zu unterstützen, sondern über emotionale, menschliche  Geschichten.


Was steht dahinter?

Die Überzeugung, dass es dringend notwendig ist, die Nüchternheit, die in unserer Gesellschaft, und besonders in der Geschäftswelt, gelebt wird, zu durchbrechen. Wir brauchen in meinen Augen weniger Abstraktheit, Distanz und Getrenntheit und mehr Menschlichkeit und Empathie. Diese Werte lassen sich mit der Methode des biografischen Storytelling verbreiten.



Wer hat’s erfunden?

Storytelling ist schon alt. Wenn man den neudeutschen  – und zugegebenermaßen etwas marketinglastigen –  Begriff ‚Storytelling‘ mit ‚Geschichten erzählen‘ übersetzt, dann ist die Kulturtechnik wohl so alt wie die Menschheit selbst. Als Methode in den Bereichen Marketing, Soziale Medien und PR, aber auch in wirtschaftsferneren Bereichen wie in der Pädagogik, in der Psychotherapie und in der Gerontologie wird Storytelling seit einigen Jahren immer beliebter, Tendenz aufwärts (zum Boom des Storytelling im Unternehmensbereich vgl. die Studie des Weiterbildungsportals ManagerSeminare vom Juli 2012) Der Glaube an die Kraft von Geschichten steigt, gestützt durch wissenschaftliche Forschungsergebnisse der Hirnforschung, die belegen, dass in Geschichten verpackte  Lerninhalte im Gehirn besser verankert  und damit erinnert werden können. Das biografische Storytelling ist meine persönliche Weiterentwicklung dieser Strömung. Mir kommt es nicht nur darauf an, irgendwelche werbewirksamen Geschichten zu verbreiten. Der Fokus liegt hier auf dem, was den Menschen ausmacht. Auf seiner Geschichte, seinen Werten, seinen Visionen. Ich bin der Überzeugung, dass die besten Geschichten immer noch das Leben selbst schreibt!

 


Über die Autorin:
Katrin Frische ist Historikerin und Storytellerin. Mit ihren Portraits, Interviews und Corestories verschafft sie allen Gehör, die eine authentische Botschaft in die Welt tragen möchten. Ein sehr wichtiges Anliegen ist es ihr, ihrem Gegenüber Raum zu geben, sich zu öffnen und ein Stück weit seine Masken fallen zu lassen.  Sie ist der Überzeugung, dass sich die Menschen heute mehr und mehr nach Authentizität sehnen. Und dass dieser Ansatz daher Erfolg verspricht. Wichtig ist es ihr auch, ihrem Gegenüber wirklich zuzuhören und sich in ihren Gesprächspartner einzufühlen. Zuhören nicht nur mit dem Verstand, sondern quasi mit dem ganzen Körper. Erst dann, so ist Katrin Frische überzeugt, lassen sich gute Geschichten schreiben. Bei ihren Texten kommt es ihr darauf an, eine Sprache zu nutzen, die wenig Distanz ausstrahlt und nicht verschleiert und verwirrt, sondern aufrichtig, klar und lebendig ist.
 Weitere Informationen unter www.frische-biografien.de