Von Worten zu Taten: Wie wir unsere Werte im Business leben können

Unsere Werte sind wie ein innerer Kompass, der uns hilft, im Alltag hunderte kleine und große Entscheidungen zu treffen. Doch Werte sind nicht so starr wie die vier Himmelsrichtungen. Sie können sich je nach Kontext verschieben, je nach Gegenüber unterschiedlich gewichtet werden und je nach Ziel verschieden stark ausgeprägt sein. Diese Dynamik stellt uns bei der Positionierung und Kommunikation unseres Unternehmens vor Herausforderungen.

Im „Spielraum“ der Business-Mentorin Franziska Maria Schmid – „Mind your own business“ – haben wir uns im Kreis von Unternehmerinnen über unsere Erfahrungen und Fragen zum Thema „Werte und Haltung“ ausgetauscht.

Werte sind Ordnungssystem und Kompass. Sie zeichnen uns aus und reflektieren, wer wir sind und wofür wir stehen. Damit signalisieren wir, in welcher Welt wir leben wollen – ein Rahmen, der stützt und stärkt.“ – Franziska Maria Schmid

Fünf Kernbereiche bzw. Fragen haben sich rund um das Thema herauskristallisiert.

  • Wo ziehe ich die Grenze?
  • Wie mache ich Werte erlebbar?
  • Wie vermittle ich Inhalte werthaltig?
  • Wie transportiere ich Werte in die Köpfe und Herzen der Menschen?
  • Wie gehe ich mit Gegenwind um?

In diesem Blogartikel gehe ich auf jede Frage näher ein und veranschauliche anhand konkreter Beispiele, wie du die Erkenntnisse in die Praxis umsetzen kannst.

1. Trade-offs und Non-Negotiables: Wo ziehe ich die Grenze?

Nicht alle Werte sind in jeder Situation gleich bedeutsam. Manche sind verhandelbar – etwa das individuelle Maß an Freiheit, das wir in unserer Arbeit an Projekten anlegen, oder in welchem Tempo und Rhythmus wir arbeiten.

Eine Reflexionsfrage, die ich den Mitgliedern des Magnetprodukt-Clubs gerne als „Dehnübung“ mitgebe, lautet: „Was ist dir wichtiger: Freiheit, Sicherheit oder Anerkennung?“ Die Antworten können stark variieren, je nachdem, ob es um die Arbeit mit Kund:innen, das eigene Hobby oder einen LinkedIn-Post geht.

Es gibt aber auch unverhandelbare Werte, die fest verankert sind, damit Grenzen nicht überschritten werden. Diese „Non-Negotiables“ bieten uns und allen Menschen, mit denen wir im Business zu tun haben, Orientierung und definieren den „Safe Space“. Für mich gehören dazu beispielsweise Fairness, Respekt, Authentizität und Inklusion.

Ein inspirierendes Beispiel ist der Schweizer Webdesigner David Roessli, der die „Non-Negotiables“ der TV-Serie The Bear auf seine Arbeit überträgt. Diese Prinzipien – etwa Respekt, Hingabe und Exzellenz – sind für ihn nicht verhandelbar.

2. Glaubwürdigkeit braucht mehr als ein Pappschild: Wie mache ich Werte erlebbar?

Damit Werte unsere Positionierung stärken, müssen wir sie leben, sie konsistent und spürbar zu verankern. Es bedeutet nicht, plakativ ein Pappschild hochzuhalten, auf dem „Transparenz“ oder „Respekt“ steht, oder eine Regenbogenfahne zu hissen.

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Werte erlebbar zu machen. Es beginnt damit, dass wir sind wie und wer wir sind, ohne uns zu verstellen. Wir können Zitate, Content, Bilder oder Geschichten von Menschen verschiedenen Geschlechts, Alters oder Herkunft teilen. Ein Blick hinter die Kulissen und in Wertschöpfungsprozesse ist ebenfalls hilfreich.

So zeigt beispielsweise das Restaurant „Happa Berlin“ Fotos von Kaffeebäuerinnen an seinen Wänden, die die Kaffeebohnen liefern. Die Gäste bekommen dadurch einen unmittelbaren Bezug zum Thema Nachhaltigkeit und Verantwortung. Geschäftsführerin Sofia Hoffmann führt die Gäste vor dem Dinner mit einer kleinen Geschichte in die Herkunft der Zutaten des Menüs ein. So erleben die Menschen Transparenz, Respekt und Nachhaltigkeit hautnah. Es hat Gerichte unterschiedlicher Preisklassen auf der Speisekarte, um auch Menschen mit geringem Einkommen bewirten zu können.

Man braucht dafür keine haptischen Räume. Das geht auch digital: durch gezielte Posts auf Social Media, in denen du Einblick gibst, welche Entscheidungen du wie getroffen hast, z.B. bei der Auswahl deines Hosters oder deiner Kooperationspartner:innen.

Denke daran: Es muss kein ausgereifter TED-Talk sein.

3. Wertekommunikation als Lehrinhalt: Wie vermittle ich Inhalte werthaltig?

Edukativer Content ist ein kraftvolles Werkzeug, um Werte nicht nur zu vermitteln, sondern auch zu verkörpern. Dabei muss es nicht immer der große „Werte-Vortrag“ oder ein ganzes Manifest sein. Oft sind es die kleinen, wiederkehrenden Statements und Erlebnisse, die bemerkenswert nachhallen.

Ein Unternehmen könnte beispielsweise in seinen Social-Media-Kanälen erzählen, welche Parameter es bei der Auswahl eines Tools anlegt: Ökostrom, Nutzerfreundlichkeit, Datenschutz.

Sehr hilfreich ist es auch, Zusammenhänge zu erklären, die nicht offensichtlich sind. Details können den Unterschied machen.

Du servierst deinen Kund:innen einen besonderen Kaffee? Zeige nicht nur die schicke Verpackung, sondern erzähle etwas über die Herkunft der Kaffeebohnen, die Arbeitsbedingungen vor Ort und die ressourcenschonende Lieferkette. Am besten ohne erhobenen Zeigefinger oder im Erklärbär-Ton.

So wird Bildungsarbeit zur Wertearbeit und zu einem stetigen Impuls, der dem Publikum zeigt, wofür dein Unternehmen wertemäßig steht.

4. Storytelling als Brücke: Wie transportiere ich Werte in die Köpfe und Herzen der Menschen?

Geschichten wecken Emotionen und machen Werte auf besondere Art und Weise erlebbar. Indem wir die „ganze Geschichte“ hinter unseren Produkten oder Dienstleistungen erzählen, schaffen wir eine Brücke, die abstrakte Werte wie Verantwortung oder Respekt greifbar macht. Das gelingt besonders gut über die beteiligten Menschen. Auch als Solopreneur:innen agieren wir ja nicht im luftleeren Raum.

Ein starkes Beispiel für wertebasiertes Storytelling ist das Projekt „Humans of New York„. Über die Geschichten von Zufallsbegegnungen werden Werte wie Mitgefühl, Solidarität und Respekt vermittelt. Jede Geschichte zeigt, wie einzelne Personen mit Herausforderungen, Freuden oder Verlusten umgehen. Das schafft emotionale Verbindungen, die Werte authentisch vermitteln.

Auch Unternehmen können Kund:innen, Mitarbeitende oder Community-Mitglieder porträtieren und auf diese Weise ihre Werte vermitteln. Nicht einfach nur Testimonials zum Produkt einsammeln, sondern ihre eigenen Entwicklungsgeschichten erzählen lassen.

5. Schwierige Werte mutig vertreten: Wie gehe ich mit Gegenwind um?

Werte stehen hoch im Kurs. Viele Unternehmen drucken sie aus und hängen sie an die Wand – am besten solche mit grundsätzlich hoher Zustimmung wie Vertrauen, Authentizität, Respekt, Vielfalt oder Nachhaltigkeit. Ich selbst nehme mich da gar nicht aus.

Werden diese Werte dann gelebt und öffentlich kommuniziert, kann es passieren, dass die Leute plötzlich nicht mehr „Hurra!“ rufen. Sei es durch eine klare politische Haltung gegen Rechts, ein öffentliches Eintreten gegen Diskriminierung oder für Frauenrechte. Alles schon erlebt.

Werte und gerade Non-Negotiables können polarisieren. Diese Werte zu leben und öffentlich dafür einzustehen, erfordert Mut. Je klarer die eigene Haltung, desto besser. Auch das gehört für mich zu einer klaren Positionierung: Den eigenen Standpunkt zu vertreten, selbst wenn er zum Widerspruch herausfordert. Es gibt Menschen, die gerade in solchen Momenten besonders aufmerksam beobachten, wie sich ein Unternehmen verhält.

Beispielhaft sei die Outdoor-Marke Patagonia genannt, die sich klar zu Themen wie Umweltschutz und sozialer Gerechtigkeit bekennt. Ihr Credo: „We’re in business to save our home planet„. Die Marke nutzt öffentlichkeitswirksam ihre Reichweite, um auf Themen aufmerksam zu machen, die nicht allen gefallen. So haben sie z.B. am Black Friday, dem umsatzstärksten Tag im US-amerikanischen Handel, auf den Schaden für den Planeten durch übermäßigen Konsum hingewiesen, indem sie Anzeigen schalteten: „Kauft nicht diese Jacke„. Abgebildet war die meistverkaufte Jacke aus der Kollektion.

Das Unternehmen geht bewusst das Risiko ein, manche Kund:innen zu verlieren, um seinen Werten treu zu bleiben. Gleichzeitig ist ein solches Bekenntnis inspirierend und stark. Die Fans der Marke wissen es zu schätzen.

Werte sind mehr als Keywords auf der Webseite

Werte sind der Kern unseres unternehmerischen Denkens und Handelns. Sie helfen uns, in komplexen Situationen klare Entscheidungen zu treffen, schaffen Vertrauen und definieren den Rahmen, in dem wir authentisch und glaubwürdig agieren können. Sie helfen anderen, sich für oder gegen uns zu entscheiden. Sie sind das Fundament unserer Positionierung.

Damit Werte nicht nur Keywords auf der Webseite bleiben, müssen wir sie durch unsere Handlungen, Geschichten und die alltägliche Kommunikation für andere lebendig werden lassen. Wir müssen öffentlich dafür einstehen, auch wenn es Gegenwind gibt.

In einer Welt, die Kopf steht, vermitteln gelebte Werte Orientierung und Verlässlichkeit.

Und jetzt bist du dran:

  1. Welche Werte sind für dich unverzichtbar, und wo bist du bereit, flexibel zu sein?
  2. Wie spiegeln sich deine Werte in deiner digitalen Präsenz wider?
  3. Welche guten Geschichten und Beispiele fallen dir ein, in denen Werte für andere erlebbar gemacht werden?

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