Intelligenz der dritten Art: System Smart

Immer auf der Suche nach der schnellen Lösung, dem einen Tool, das alle Probleme auf einen Schlag löst? Nachvollziehbar. Problem: Diese Schablonen, mit denen du immer nur in den Fußstapfen anderer läufst, lassen dich nicht wirklich erfolgreich werden lassen. Es sind und bleiben Me-too-Lösungen. Auch die sogenannten quick-fixes sind bringen nur kurzfristig Erleichterung. Sie wirken nicht nachhaltig.

Wirklich erfolgreich wirst du, wenn du dein eigenes System aufbaust – eines, das genau auf dich, deine Ziele, dein Geschäftsmodell zugeschnitten ist und dich systematisch zum Erfolg bringt. In diesem Blogartikel zeige ich dir, wie du ‚System Smart‘ wirst.

System what?!

Du kennst sicher die Begriffe “book smart” und “street smart”. „Book smart” sind Menschen, die akademisch gebildet und erfolgreich sind, weil sie den Kopf in Bücher gesteckt haben. „Street smart” dagegen beschreibt Personen, die aufgrund praktischer Erfahrungen Lebensweisheiten gewonnen haben, sozusagen auf der Straße. Wobei ich überhaupt kein Fan davon bin, Begriffe und Konzepte gegeneinander auszuspielen. Ich bin ein Fan von “sowohl als auch”. Gerne auch “und außerdem”.

Schlauheit der dritten Art

Die Wortschöpfung “system smart” und alles, was dahinter steckt, begegnete mir kürzlich im Newsletter von Jia Jiang. Er stellt darin diese Schlauheit der dritten Art vor. Seine Überzeugung und Erfahrung: Systeme multiplizieren Talente, indem sie es ermöglichen, Schwächen zu überwinden und Stärken zu maximieren.

Jiang hat Systeme für alles mögliche: Ein System, um ein geduldiger Elternteil zu sein, ein System, um Streitigkeiten mit seiner Frau zu minimieren, und ein System, um als introvertierter Mensch effektiv zu netzwerken.

Ein cooler Ansatz, oder?

Kein System, kein Erfolg.

Beim Lesen fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Ich bin ebenfalls ein System-Nerd. Meine Systeme helfen mir, konsequent, strategisch und kundenzentriert an Themen dranzubleiben und auf die Straße bzw. unter die Leute zu bringen – trotz ADHS, trotz Depression, trotz drei Kinder, trotz vielseitiger Interessen.

Ohne ein smartes System würde es zum Beispiel mein Buch “Design ist mehr als schnell mal schön” nicht geben, keinen Magnetprodukt-Club, keine Espressostrategie, keine zufriedenen Kund:innen, keine >15 Jahre erfolgreiche Unternehmerin und Beraterin. Meine Systeme helfen mir, aus jeder Krise gestärkt hervorzugehen. Allerdings ist dabei kein System wie das andere.

Beispiel: Mein smart book system

Um das Ganze ein bisschen zu konkretisieren, stelle ich dir beispielhaft mein System vor, mit dem ich erfolgreich mein Buch bei meinem Lieblingsverlag geschrieben habe und zu dem ich immer wieder von Leser:innen höre “Es spricht mir aus der Seele”. Nicht schlecht für ein Sachbuch, oder?

Mein smart book system sah aus wie folgt:

  • Die Menschen, die das Buch lesen sollen, fragen, wo sie stehen, wo sie hinwollen, was sie bremst. Diese Antworten leiteten mich zum Konzept.
  • Alle 6-8 Wochen für eine Woche in ein Kloster fahren, um mich vom Alltag und den damit einhergehenden Unterbrechungen abzuschotten. Quasi retreat mode.
  • Acht Schreibretreats insgesamt: Für jedes Kapitel eines, eines fürs Konzept und eines fürs Schlusslektorat.
  • Jeder Tag im Schreibretreat läuft nach dem gleichen Muster ab.
  • Um 8 Uhr auftstehen, Qigong machen, Frühstück zubereiten, während im Hintergrund die immer gleiche Musik lief (Edvard Grieg: Peer Gynt Suite No. 1 & 2).
  • Dann folgte das Warm-up des Schreibmuskels: ein 60-Sekunden-Gedicht und 10 Minuten frei schreiben zu einem Gedanken aus dem aktuellen Kapitel.
  • Schreiben, lesen, recherchieren, nachdenken am Küchentisch bis Mittag.
  • Mittags kochen.
  • Zum “Nachtisch” die immer gleiche 5-km-Spazierrunde, auf der mein Hinterkopf im Gehen Schreibprobleme vom Vormittag löste. Gefolgt von Kaffee und Kuchen im Lieblingscafé.
  • Am Nachmittag zog ich auf die Couch um. Dort schrieb, las, lektorierte ich bis zum Abend.
  • Der Tag klang mit der ebenfalls immer gleichen Musik aus: Mark Knopflers Album “Tracker”.
  • Zum Schreibsystem gehörte auch eine Software, die es mir ermöglichte aus losen Ideenfetzen und vielen einzelnen Kapitel ein ansprechendes, lesenswertes, inspirierendes Ganzes zu bauen. Mit Word alleine war ich gescheitert. Erst die Schreibsoftware Scrivener brachte den Durchbruch.
  • Zwischen Schreibretreats Lektorat beim Verlag des geschriebenen Kapitels.

Du siehst: Mein smart book system ist speziell auf meine Stärken und Schwäche, mein Ziel und das Projekt Buch zugeschnitten. Ich würde niemanden sagen, schreib dein Buch so. Weil, wenn ich es kann, kannst du es auch. Sicher ist: Wenn du ein Buch schreiben möchtest, kannst du es mit deinem eigenen System.

Das gleiche gilt natürlich auch für deine Marke, ein neues Geschäftsmodell, ein neues Produkt, strategisches Netzwerken, gezielte Öffentlichkeitsarbeit usw.

Drei Gründe für mehr Intelligenz der dritten Art: system smart

Es gibt einige sehr stichhaltige Gründe, warum wir in Unternehmen insgesamt mehr von dieser Intelligenz der dritten Art “system smart” brauchen.

1. Falsches Festhalten am Credo “never change a running system”

Systeme sind lebendige Organismen, nie in Stein gehauen. Das erfordert genau das Gegenteil von dem, was oft behauptet wird: “Never change a running system”. System smart bist du, wenn du dein eigenes smartes System baust. Am besten nach den agilen Prinzipien wie bei einer guten Software: Build-measure-learn. Oder wie ich es nenne: plan-create-reflect-learn. Mit jeder Iteration wird dein System ausgefeilter und wirksamer.

Zurück zu meinem Buch-Schreib-System: Bevor das oben beschriebene System vollends griff, habe ich mindestens 100 Wege gefunden, wie ich definitiv kein Buch schreibe, und mehrere tiefe Schreibkrisen gehabt. Diese Phase erstreckte sich über mehrere Jahre. Das war aber kein Fehler, sondern jeder Fehlversuch war ein Teil der Lösung. Über das stetige Trial & Error bin ich letztlich zu dem für mich stimmigen Prozess gekommen, das Buch zu schreiben. Siehe oben.

Mein Schreibsystem habe ich in den letzten Jahren wieder und wieder angepasst. Denn um regelmäßig Content für Newsletter, Blog und Social Media zu produzieren, würde ich mit meinem smart book system nicht weit kommen. Für mein smart content creation system habe ich verbesserte Workflows, andere Routinen sowie innovative Technologie integriert.

2. “A fool with a tool is still a fool”

In meinem aktuellen Schreibsystem habe ich KI und Automatisierung in Form von Dropbox, Whisper, make.com und Notion integriert. Ich spreche per Kurzbefehl meine Textidee ins Smartphone. Diese landet dann automatisiert in meinem Redaktionsplan und wartet auf Weiterbearbeitung. Wie bei jeder Digitalisierung von Arbeitsprozessen war es auch hier sehr wichtig, zuerst einen smarten Prozess zu haben und ein klares Ziel, das ich mit der Automatisierung erreichen möchte. Für andere Content Creator können andere Tools passender sein.

Wir leben in einer zunehmend technologischen und digitalisierten Welt. Täglich stehen wir vor der Herausforderung, uns mit neuen Tools und Software-Lösungen auseinanderzusetzen. Wir brauchen eigene kluge durchdachte auf unsere Ziele, Stärken und Schwächen zugeschnittene Systeme. Die kannst du nicht kaufen.

Die Sorge oder auch die Hoffnung, dass AI oder irgendwas einem Arbeit ab- oder wegnimmt, ist völlig unbegründet.

Eine Email-Software macht aus uns noch keine erfolgreichen Online-Marketer, ChatGPT keine guten Texter:innen, Excel keine Number Cruncher. Keine noch so große Sammlung aus Notion-Templates macht die App zu deinem zweiten Gehirn. Im Gegenteil. “A fool with a tool is still a fool”.

System Smart bist du, wenn du dich regelmäßig mit neuen Tools und Software-Lösungen auseinandersetzt und dann eine bewusste Entscheidung für eine Lösung triffst, die deine Stärken verstärkt und deine Schwächen kompensiert. So wie die Schreibsoftware Scrivener Ordnung und Struktur in meine kreativ-chaotische analoge und digitale Zettelwirtschaft brachte und mir half, daraus ein ganzes Buch zu machen.

3. System smart ist eine essenzielle Zukunftskompetenz

System Smart zu sein bedeutet, offen zu sein für Möglichkeiten, flexibel zu sein bei Hindernissen, anpassungsfähig bei Veränderungen, Technologie als Chance zu sehen und im für sich besten Sinne zu nutzen, um Stärken zu stärken und Schwächen zu kompensieren. Und das sind doch genau die Skills, die wir brauchen, um unsere Wirtschaft zukunftsfähig und nachhaltig erfolgreich zu gestalten.

system smart heißt auch “done is better than perfcet”

Long story short: Erfolg im Business oder bei größeren herausfordernden Projekten kommt nicht nur durch „Book Smart“ oder „Street Smart“, sondern auch durch „System Smart“. Smarte Systeme sind keine starren Konstrukte, sondern flexible, lebendige Organismen, die du kontinuierlich durch Probieren, Beobachten und Anpassen weiterentwickelst. Und das Beste: Du musst nicht perfekt sein, um erfolgreich zu sein – du brauchst einfach nur das auf dich abgestimmte System, das deine Stärken maximiert und deine Schwächen ausgleicht. Und zwar so, dass du Freude dabei hast.

Nun interessiert mich deine Perspektive dazu:

  1. Würdest du dich als book smart, street smart oder system smart bezeichnen?
  2. Welches System hilft dir dabei, deine Stärken zu verstärken und deine Schwächen zu kompensieren?
  3. Wie oft passt du deine Systeme an neue Herausforderungen und Lebensphasen an?

Comments (6)

  1. Liebe Maren,

    danke für diesen interessanten Beitrag.

    Den Begriff „system smart“ kannte ich noch nicht. Er trifft aber voll auf mich zu.

    Ich brauche Systeme. Ich liebe Systeme. Ich arbeite ständig an meinen Systemen und passe sie an neue Gegebenheiten an.

    Ein persönlicher Austausch, wie wir ihn neulich hatten, kann dafür sehr förderlich sein.

    Herzliche Grüße
    Monika

  2. Maren Martschenko

    Liebe Monika, in deiner Antwort finde ich mich sehr wieder! Ich habe deinen Blogartikel zum Thema Vielseitigkeit frisch im Kopf und frage mich, ob da ein Zusammenhang besteht. Sind vielseitig begabte und interessierte Menschen systemfreudiger? Was meinst du?

  3. Spannende Frage. Danke schön!

    Ich erlebe zwei Gruppen von Vielseitigen: Leute wie ich, die Vielseitigkeit mit Struktur verbinden. Und andere, die mit Struktur und Systemen erst mal gar nichts am Hut haben.

    Die Letzteren lassen sich aber teilweise überzeugen und stellen dann fest, dass Strukturen und Systeme doch hilfreich sein können.

    Für mich selbst kann ich sagen, dass ich das einfach brauche

    a) um den ganzen Input an Informationen zu verarbeiten
    b) um meinen Output zu organisieren.

    • Maren Martschenko

      So geht es mir auch. Ohne System wäre ich zwischen den vielen Tabs in meinem Browser und in meinem Kopf völlig verloren.

  4. Wunderbar auf den Punkt gebracht. Das eigene »System Smart« entwickeln, testen und verbessern. Was ich bei deinen Ausführungen inspirierend finde, ist, dass du alle Sinne mit einbeziehst und Orte explizit für bestimmte Tätigkeiten aussuchst.
    Die Nummer mit dem Kloster finde ich grandios. J. K. Rowling hat sich zur Fertigstellung Ihres ersten Buchs ein Hotelzimmer gemietet in einem wunderschönen, alten, klassischen Hotel. Das Ambiente sollte sie in Stimmung bringen.

    • Maren Martschenko

      Das mit J.K. Rowling kann ich sehr gut nachvollziehen. Die Umgebung ist für mich generell beim Arbeiten sehr wichtig. Auch innerhalb meiner Wohnung habe ich verschiedene Plätze für verschiedene Aufgaben. Kundentermine (online) finden z.B. immer am Schreibtisch statt. Schreiben kann ich viel besser im Lesesessel. Fachbücher lese ich wiederum gerne am Tisch, weil ich dann gleich dazu Notizen scribbeln kann. Ich visualisiere mir gerne die Struktur und Inhalte in einer Art Mindmap. Auch Musik und Bewegung draußen spielen eine wichtige Rolle, wenn ich vor mich hindenke. Das liegt vermutlich daran, dass ich Synästhet bin (Farben höre, Geräusche sehe).

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